Zum 50. Jubiläum der weltweit erfolgreichsten Musicalverfilmung „The Sound of Music“ (1965), wagten sich im Sommer 2015 deutschsprachige Produzenten an eine „kitschfreie“ Variante der Familiensaga mit internationalen Stars heran: „The Trapp Family – A Life of Music“ erzählt die Geschichte des Salzburger Familienchors aus Sicht der ältesten Tochter Agathe
„Action“, ruft Regisseur Ben Verbong. Seine Filmcrew dreht gerade eine Schlüsselszene an der Friedhofspforte der Kirche Mülln in der Stadt Salzburg: Das frisch vermählte Ehepaar Maria und Georg von Trapp, gespielt von Yvonne Catterfeld und Matthew Macfadyen, verlässt in einem Wagen den Schauplatz. Zurück bleiben die blütenwerfenden Trapp-Kinder und eine nachdenkliche Tochter Agathe (Eliza Hope Bennett), die nach dem Tod ihrer Mutter eben ihren heißgeliebten Vater an eine Unbekannte verloren hat. Auch der Vater ist schicksalsgeplagt – der k.k. Korvettenkapitän verlor zuerst seinen Job, dann seine Frau an Scharlach und später sein gesamtes Vermögen. Am Ende verabschiedete sich auch noch – durch den „Anschluss“ – seine Heimat Österreich.
„Hollywood erschafft Fiktion, aber keine Realität“
Wie sich diese Patchwork-Großfamilie im Salzburg der dreißiger Jahre bis nach Amerika durchschlägt, erzählt der neuen Streifen „The Trapp Family – A Life of Music“. Ein halbes Jahrhundert galt es als Tabu, den Welterfolg „The Sound of Music“, 1965 mit fünf Oscars vergoldet, herauszufordern. Die Amerikaner hielten die Rechte des Stoffes fest unter Verschluss. „Wir möchten die wahre Geschichte hinter der Legende erzählen“, meint Regisseur Verbong. Vor allem ist der neue Film kein Musical. Die Neuverfilmung basiert auf der Autobiografie „Erinnerungen vor und nach Sound of Music“ von Agathe von Trapp, der 2010 verstorbenen ältesten Trapp-Tochter. Anleihen nimmt der neue Trapp-Film allenfalls beim Titel des Welterfolgs. Mit Agathes Buch ergibt sich nun die Gelegenheit, einige idealisierte Darstellungen der Familienstory zurechtzurücken.
Die ganze Wahrheit…
„Wir saßen da und heulten“, erzählte eine Trapp-Tochter über den Moment, als die Familie im Kino sah, was Hollywood aus ihrer Story gemacht hatte. Die Verklärung begann aber bereits viel früher – als Maria Augusta von Trapps Buch „Vom Kloster zum Welterfolg“ erschien. Die strenggläubige Baronin hatte die Familie darin zum Ideal schöngefärbt. Kein Wort davon, dass die Risse und Spannungen in der Großfamilie auf den jahrelangen Konzertreisen immer größer wurden. „Im Gegensatz zu „The Sound of Music“, der Baron Trapp als Tyrann darstellte, sei die Idee für den neuen Trapp-Film bei den Angehörigen auf Begeisterung gestoßen“, so der aus St. Gilgen stammende Produzent Rikolt von Gagern.
Starbesetzung für neuen Kinofilm
Das Drehbuch verfassten der Hollywood-Autor Tim Sullivan, bekannt für „Briefe an Julia“, und Christoph Silber („Das Wunder von Kärnten“). Den politischen Hintergrund verlegen die Autoren auf den Chauffeur der Familie, einen illegalen Nazi – gespielt von „Jederman“-Darsteller Cornelius Obonya – und den linksgerichteten Studenten und Jugendfreunden Agathes. „Agathe kämpft um die Mutter, den Vater und mit dem Erwachsenwerden“, sagt Eliza Bennett über ihre Rolle. „Auf die Trapps hat in Amerika niemand gewartet“, erzählt Verbong. „Ich lasse Agathe jenes Lied am Sterbebett der Mutter singen, mit dem der Familie später der Durchbruch in Amerika gelingt, mit dem sie ihren Agenten überzeugen“: Schubert statt Rodgers & Hammerstein.
Ganz ohne „poetic license“ scheint man dennoch nicht auszukommen. So ist für die Figur des Priesters Franz Wasner, der bei der musikalischen Entwicklung des Clans eine große Rolle gespielt hatte, neuerlich kein Platz. Gagern dazu: „Wasner kam auch in unseren Gesprächen mit Agathe und in ihrem Buch kaum vor“. Dessen Rolle als musikalischer Entdecker übernimmt Sopranistin Anette Dasch als Lotte Lehmann.
Gedreht wurde vor allem in der Stadt Salzburg – im Mirabellgarten, am Residenzplatz und in der Müllner Kirche. „Mutter Maria“ Yvonne Catterfeld: „In Deutschland kennen viele die Trappfamilie nicht mehr“. Die Stadt Salzburg begrüßt jedes Jahr 300.000 „The Sound of Music“-Fans. Gut möglich, dass die Trapps bald auch die nächste Fangeneration in den deutschsprachigen Ländern auf Trab bringen können.
Der Salzburger Christian Strasser erforscht als Film- und Buchautor („Location Salzburg“) die Film-Vergangenheit Salzburgs und von „The Sound of Music“.
Veranstaltungen und Tipps zum 50-Jahr-Jubiläum:
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› „The Trapp Family – A Life of Music“
(D/Ö, 2015). Kinostart weltweit: November 2015 -
› Die Villa Trapp, einst das Wohnhaus der Familie Trapp, feiert 150-jähriges Bestehen und kann besichtigt werden. www.villa-trapp.cc
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› Tägliche „Sound of Music“-Touren (panoramatours.com), „Sound of Music“-Dinnershow, Musical im Salzburger Landestheater und im Salzburger Marionettentheater, Packages im Schlosshotel Leopoldskron. www.salzburg.info