Er ist der neue „Jedermann“ der Salzburger Festspiele – und kein Unbekannter in der Festspielstadt. Tobias Moretti schlüpfte auf Salzburgs Bühnen schon in viele verschiedene Rollen. Wir haben uns auf Spurensuche begeben.
Bettina Hering, die Schauspieldirektorin der Salzburger Festspiele, kündigte den gebürtigen Tiroler bei der Präsentation des neuen Jedermann-Ensembles als „unseren Mann fürs Feine“ an. Zwei Mal hatte dieser „Mann fürs Feine“ die prestigeträchtige Rolle zuvor schon abgelehnt – erstmals 2009, als eine Neuinszenierung im Gespräch war. Er sei, kurz nachdem er als Teufel/Guter Gesell auf der Bühne stand, einfach „noch nicht so weit gewesen, noch zu befangen“, sagt er über die damalige Absage in einem Interview. Und weiter: Es sei ihm sehr bewusst gewesen, „wie fantastisch, aber auch wie hart diese Kulisse ist“. Das zweite Mal sagte er 2013 ab, da war er mit dem Kopf woanders, bereitete sich für die Paris-Dakar-Rallye vor. Jetzt, als Intendant Markus Hinterhäuser ihn für die aktuelle Spielsaison fragte, war die Zeit dann gekommen. Jetzt sei er richtiggehend entbrannt für den Jedermann, der dieses Jahr – obwohl wieder in der Inszenierung von Brian Mertes und Julian Crouch – neu aufgesetzt wird. Was auch mit Tobias Moretti zu tun hat, der sich „ein Aufbrechen des Stücks“ gewünscht haben soll, bevor er den Vertrag unterzeichnete. Wichtig war ihm nicht zuletzt auch die Wahl der Buhlschaft. Und mit Stefanie Reinsperger sind sowohl er als auch Schauspieldirektorin Bettina Hering mehr als glücklich.
Publikumsmagnet und Bergbauer
Moretti, der fließend italienisch spricht, wurde 1959 in Gries am Brenner geboren. Nach seinem Musikstudium absolvierte er eine Theaterausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule München – und von da an ging es Schlag auf Schlag. Staatstheater Hannover, Residenztheater München, Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele und schließlich 1995 Debüt am Wiener Burgtheater. Ab Anfang der 1990er Jahre machte sich Moretti, der von sich selbst sagt, ehrgeizig zu sein, auch zunehmend in Film und Fernsehen einen Namen. Als Kommissar Rex war er Vorbild einer ganzen Generation, erhielt unter anderem den Goldenen Löwen, den Bayerischen Fernsehpreis oder die Goldene Romy als beliebtester Serienstar – drei Jahre in Folge. Als Freiheitsheld Andreas Hofer begeisterte er in „Die Freiheit des Adlers“ das Fernsehpublikum und auch im Kino glänzt Tobias Moretti mit Präsenz und Ausdrucksstärke. Seine jüngsten Kinofilme sind unter anderem „Das finstere Tal“, „Der Vampir auf der Couch“ oder „Das ewige Leben“. Er gilt heute als einer der maßgeblichen Filmschauspieler des deutschen Sprachraums, war Teilnehmer der Paris-Dakar-Rallye und betreibt in Tirol, wo er mit seiner Frau und drei Kindern lebt, einen Bergbauernhof.
Alles Theater: Moretti in Salzburg
Die Liebe zum Theater ließ Tobias Moretti jedoch nie los. Am Wiener Burgtheater überzeugte er unter anderem in „Faust“ an der Seite von Gert Voss. Als König Ottokar in Martin Kušejs umjubelter Inszenierung von Grillparzers „König Ottokar“ sorgte er von 2005 bis 2009 am Wiener Burgtheater für regelrechte Beifallsstürme. Dieses Trauerspiel – „König Ottokars Glück und Ende“ – wurde 2005 auch im Rahmen der Salzburger Festspiele aufgeführt – und zwar auf der schönen Pernerinsel in Hallein. Salzburg war und ist für Moretti ein erfolgreiches Pflaster. So erspielte er sich in unterschiedlichen Festspielproduktionen bereits mehrfach die Gunst des Publikums. Von 2002 bis 2005 mimte er beispielsweise den Teufel/Guten Gesell im Jedermann unter der Intendanz Jürgen Flimm. Einige Jahre später – 2013 – kam er für eine weitere, sehr besondere Inszenierung nach Salzburg: Die Salzburger Festspiele ließen in Koproduktion mit Servus TV „Die Entführung aus dem Serail“ im Hangar-7 aufführen – mit Tobias Moretti als Bassa Selim. Es war ein Opernerlebnis der besonderen Art, das im Hangar-7 an verschiedenen Standorten eigens für Fernsehzuschauer produziert wurde und großen Anklang fand. Auch 2016 war Tobias Moretti bei den Salzburger Festspielen zu sehen – oder besser noch, zu hören. Er war mit einer Thomas Bernhard-Lesung im Salzburger Landestheater zu Gast.
Der neue Jedermann
Und nun – 2017 – also der Jedermann. Vieles wird neu, eines ist sicher: Man darf gespannt sein auf einen „entfachten“ Tobias Moretti als intensiven Jedermann und auf eine sinnliche Buhlschaft, die beide samt grandiosem Ensemble den Domplatz wieder in eine wunderschöne Open-Air-Bühne verwandeln werden. Eine einzigartige Freiluftbühne vor historischer Kulisse, die auf der ganzen Welt bekannt ist.
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Salzburger Festspiele/Anne Zeuner
Christian Hartmann