Vali Höll ist Downhill Weltmeisterin 2022 und blickt weit über ihren eigenen Tellerrand hinaus. Gerade mal 20 Jahre jung, gibt die einzigartige Ausnahmesportlerin nicht nur für ihren Sport alles, sondern legt auch noch besonderes Augenmerk auf die Nachwuchsförderung im SalzburgerLand.
Vali, gratuliere zum Titel: DH-Weltmeisterin 2022. Wie fühlst du dich damit?
Ich fühle mich noch gleich wie davor. Ich hatte immer gedacht, wenn ich Weltmeisterin bin, ändert sich ganz viel, aber im Endeffekt hat sich nichts geändert, außer dass ich ein schönes Shirt anziehen und damit Rennen fahren darf. Schön langsam hab ich es aber gecheckt, dass ich Weltmeisterin bin, weil ich einfach oft darauf angesprochen werde.
Was bedeutet der Titel für dich?
Natürlich freu ich mich extrem, dass ich Weltmeisterin geworden bin, aber für mich selbst als Athletin bedeutet der Gesamtweltcup, den ich letztes Jahr gewonnen habe, viel mehr, weil das heißt, dass man die beste und konstanteste Fahrerin überhaupt ist.
Seit wann weißt du, dass du Weltmeisterin werden willst?
Mit 12 Jahren habe ich mir eine Liste geschrieben, was ich erreichen will:
1. einen Red Bull Helm tragen
2. in einem speziellen Weltcupteam sein
3. Weltmeisterin werden
Jetzt habe ich mit 20 Jahren schon alles erreicht, was ich jemals wollte. Nicht, dass ich jetzt in der Schwebe hänge, weil ich nicht wüsste, was ich machen soll, aber es ist schon krass, wie schnell sich meine Träume und Ziele erfüllt haben, für die ich so hart gearbeitet habe. Andererseits bin ich froh, dass es schon jetzt passiert ist, weil ich doch sehr ehrgeizig bin und obwohl es erst meine 3. Elitesaison ist, hat es für mich extrem lang gedauert. (lacht)
Also brauchst du jetzt eine neue Liste?
Ja, nein, ich weiß es nicht. Klar, ich könnte sagen, ich will 5x Weltmeisterin werden oder jedes Jahr gewinnen… Aber es gibt viele Sachen, die ich jetzt zu tun habe: konstanter fahren, mehr Weltcups in der Saison gewinnen, dominanter sein, Rennen gewinnen mit einem gescheiten Abstand, nicht nur eine Sekunde. Jeder muss wissen, dass ich da bin! Ich möchte auf jeder Strecke die Beste sein! Das wollte ich heuer auch schon, aber naja, das hat nicht so geklappt. (lacht wieder)
Was machst du dafür anders als heuer?
Ich muss aufpassen, dass ich es nicht zu sehr will. Ich habe in den letzten Saisonen bemerkt, dass ich am Anfang viele Stürze hatte und dadurch sehr unhappy war. Und dann sind wir drauf gekommen, dass ich zu sehr auf das Resultat fokussiert war und nicht auf mein Fahren. Ich war nicht so richtig bei mir. Nachdem ich also in 4 Weltcups hintereinander gestürzt bin, war mir das Resultat endlich völlig egal und eigentlich wollte ich schon gar nicht mehr mitfahren. Das hat dazu geführt, dass ich nur noch wegen dem Spaß mitgefahren bin und dann habe ich den Weltcup tatsächlich gewonnen.
Ich hoffe, dass ich mit dem Mindset, mit dem ich heuer aufgehört habe, nächstes Jahr wieder starten kann. Nicht, dass es mir egal ist, sondern dass ich weniger darüber nachdenke, was andere über mich denken, ganz bei mir bin und voller Spaß einfach Vollgas geben kann.
2020 hast du dir den Knöchel verletzt, damals hast du gesagt, es sei gar nicht so schlimm?
Ja, das wäre meine erste Elitesaison gewesen. Das erste Rennen war eh erst im Oktober in Leogang, Heim-WM. Damals bin ich gut gestartet und gleich die Qualifikation gewonnen. Dann habe ich mich verletzt und konnte nicht einmal das Rennen mitfahren. Danach waren nur noch 2 oder 3 Weltcups, das heißt, die Saison war extrem kurz.
Damals war es für mich nicht schlimm, weil ich wusste, dass ich nicht viel versäume. Ich hatte für mich gar nichts erwartet. Ich war auch froh, dass meine erste Verletzung so war wie sie war und nicht schlimmer. So konnte ich sehen, wie ich mit einer Verletzung umgehe und wie eine Reha abläuft. Jetzt wäre es viel schlimmer, weil ich davon ausgehe, dass ich einige Siege versäumen würde. (schmunzelt)
Wie geht’s im Sport weiter?
Die ersten Downhill-Weltcups 2023 sind erst im Mai. Das ist spät. Heuer hat es im März begonnen. Also geht’s jetzt langsam los mit Trainieren: Mallorca zum Rennradcamp mit anderen Racerinnen aus dem Weltcup, Südafrika, vielleicht Kalifornien, dann fahre ich nach Frankreich zu meiner Trainerin, um wieder eine gute Base aufzubauen, Produkte zu testen und Neues auszuprobieren.
Im März werde ich die Enduro World Series mitfahren, deswegen konzentriere ich mich im Moment mehr auf Ausdauer. Dafür hatte ich früher neben der Schule keine Zeit und gefreut hat es mich auch nicht so wirklich – aber jetzt, wo ich älter bin… Im Moment fahre ich gerne Rennrad – für Enduro braucht man mehr Ausdauer. Und danach wieder voller Fokus auf Downhill.
Hast du sonst noch Pläne?
Ich fange jetzt an, Business Administration und Sport zu studieren. Das interessiert mich sehr und hilft mir auch, mich selbst als Marke größer zu machen. Natürlich möchte ich noch sehr viele Rennen gewinnen und Titel einfahren, aber mir ist es auch wichtig, einen Fußabdruck zu hinterlassen, wenn ich mal aufhöre, Rennen zu fahren. Ich möchte, dass die Leute auch noch über mich reden, wenn ich keine Rennen mehr fahre. Einer meiner Wege dazu ist die Nachwuchsförderung. Ich finde es schon krass, dass in Österreich aktuell kein Bike-Nachwuchs da ist.
Was genau machst du für den Nachwuchs?
Für mich ist es wichtig, die Kinder zu inspirieren und sie dazu zu bringen, dass sie Radl fahren. Heuer habe ich das erste Mal das Vali Höll‘s Performancecamp gemacht. Da habe ich Mädels eingeladen und mit denen trainiert. Jetzt kommt grad Nachwuchs nach, die sind jetzt um die 13 Jahre alt. Ich versuche, mit denen oft Radl fahren zu gehen und ich finde es cool, zu wissen, dass ich dazu beigetragen habe, dass sie angefangen haben und dranbleiben. Ich bin froh, wenn ich den jungen Mädels weiterhelfen kann. Andere Athleten machen sowas oft erst, wenn sie nicht mehr aktiv sind. Ich bin erst 20 und ich find es cool, wenn ich vielleicht in meiner Karriere sogar noch gegen die fahren darf, die ich jetzt fördere. Und wenn sie mir dann um die Ohren fahren, weiß ich, dass ich sie unterstützt habe und ihr Vorbild war.
Und du trainierst ja auch schon mit den ganz Kleinen!
Ja genau, aber das hat eine kleine Vorgeschichte: In unserem Sport sind Sponsoren von außerhalb der Bike-Industrie noch nicht so üblich. Und für mich war es wichtig, dass es auch Sinn stiftet, wenn ich mit einer Firma „von außerhalb“ arbeite. Und obwohl wir in Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn eine mega Lift-Infrastruktur haben, ist auch bei uns der Nachwuchs sehr dünn gesät, was ich nicht verstehe, aber man merkt es leider auch in den Schiklubs.
Für mich ist es deshalb super, mit der Raiffeisenbank Saalbach zu kooperieren. Nach der WM haben wir nur für die einheimischen Kinder einen Ride Out gemacht. Und obwohl absolutes Sauwetter war, waren von den angemeldeten 30 Kindern tatsächlich alle 30 da. Ich möchte so etwas noch öfter machen! Viele von den Kindern haben schon gesagt, dass sie vielleicht auch mal anfangen wollen, Rennen zu probieren und mehr zu fahren. Das freut mich dann schon sehr!
Das heißt, das Salzburger Land verdankt dir nicht nur deinen aktuellen und hoffentlich viele weitere WM-Titel, sondern vielleicht auch einige zukünftige, wenn du den Nachwuchs so förderst.
Vielen Dank für das Interview, liebe Vali und alles Gute weiterhin!!! Wir halten dir die Daumen!