Tradition und zeitgemäßes Leben. Wissen um den gesunden Wert der Schafwolle. Handwerksgeschick und Sorgfalt bei der Verarbeitung. Im Salzburger Wollstadel in Bramberg entstehen einzigartige Unikate aus Filz.
Määääh…. blöken die Schafe auf der Weide nebenan und äugen neugierig auf meinen kuscheligen Sitzkissen, auf dem ich es mir hier im grünen Gras – mitten in der Smaragdgemeinde Bramberg – gemütlich gemacht habe. „Ja, Mädels. Möglicherweise seid ihr der Ursprung dieser Flauschigkeit, denn mein transportabler Logenplatz ist aus feinster Schafwolle von Bramberger Schafen gefilzt“, lache ich und wandere zurück zum Wollstadel, wo ich mir zeigen lasse, wie aus roher Schafwolle dieses mollig warme Kissen entsteht.
Hildegard Enzinger führt seit 1994 die urige Wollwerkstatt „Salzburger Wollstadel“, direkt beim Museum „Wilhelmgut“ in Bramberg am Wildkogel. In dem Stadel befindet sich ein Verkaufsraum voller wollener Unikate und Hildegard Enzinger erklärt: „Wir Frauen vom Salzburger Wollstadel verarbeiten unsere Schafwolle mit Bedacht, Sorgsamkeit und regionaler Handwerkstradition zu Produkten mit hoher Lebensqualität.“ Das Angebot reicht von Filzhüten, gefilzten Hüttenpatschen, Taschen, Schlüsselanhängern, den einzigartigen „Pinzgauer Doggln“ (aus Wollfilz genähte Hausschuhe) bis zu kuschelig-warmen Sitzkissen.
Hinter dem Verkaufsraum befindet sich die Werkstatt, in der die „Woll-Damen“ ganzjährig Workshops im Filzen veranstalten. Anfänger aller Altersgruppen können dabei unter fachkundiger Anleitung selbst kleine Schmetterlinge, Hüte, Sitzauflagen, Taschen oder mit ein wenig Vorkenntnissen sogar Filzpatschen erstellen.
Hildegards Tochter Silvia Enn sucht aus raumhohen Regalen das gefärbte Vlies aus roher Schafwolle aus, denn sie wird mir heute zeigen, wie das Nassfilzen der eben noch auf der Wiese getesteten Sitzauflage funktioniert. Während sie das Vlies abwiegt erklärt sie mir die Vorzüge der Schafwolle: „Die Wolle ist wärmend und kühlend zugleich, absolut knitterfrei und zudem wasser- und schmutzabweisend, was sie zum idealen Begleiter für alle Outdoor-Aktivitäten macht.“
Wasser, Seife, Wolle und viel Gefühl
Ein blühender Fliederstrauß dient Silvia als künstlerische Vorlage für das Motiv, dass auf das weiße Kissen kommen soll und im Garten des Freilichtmuseums hat sie bereits alle benötigten Zutaten aufgebaut: warmes Wasser, Kernseife, das abgewogene Wollvlies, ein Stück Stor und eine Schablone, die die Form und Größe des Kissens vorgibt. Die Fläche der Schablone muss etwa ein Drittel größer sein, als das geplante Produkt, da es bei der Bearbeitung noch schrumpft. Auf diese Schablone legt sie nun eine Lage des aufgeteilten Vlies – wobei die Wollfasern immer in eine Richtung laufen. Wenn die Schablone bis über den Rand völlig bedeckt ist, folgt die zweite Lage – nun allerdings werden die Fasern quer zur ersten Lage platziert. Bis das abgewogene Vlies verbraucht ist, schichtet Silvia Lage um Lage auf die Schablone.
Nun wird´s nass, denn portionsweise gießt sie warmes Wasser, dem ein Schuss Schmierseife zugegeben wurde, in die Mulde, die sie mit der Hand in die Mitte des Vlies-Turms drückt. Durch den leichten Druck der mit Kernseife eingeseiften Hand saugt sich das Vlies langsam mit Wasser voll. Die gesamte Fläche wird in kreisender Bewegung mit Kernseife massiert, bis sich die Fasern gut verfilzt haben. Danach wird das Werkstück umgedreht und das überstehende Vlies über den Rand der Schablone eingeklappt, bevor diese vorsichtig entfernt wird. Eine letzte Schicht Vlies wird nun aufgetragen und in das nasse Kissen eingefilzt. Wenn die Wollfasern gut zusammenhalten wird das Kissen wieder gewendet und Silvia beginnt nun mit dem Auflegen des Flieder-Musters. Dazu zupft sie Strähnen aus dem färbigen Wollvlies und legt sie auf das nasse Kissen in Position. Mit einem Stück einer Gardine fixiert sie das Muster bevor sie erneut mit viel warmem Seifenwasser und Kernseife die Wollfasern massiert.
Meditatives Filzen
„Eine fast meditative, sinnliche Arbeit“, lacht sie, während sie ein letztes Mal die Hände mit Kernseife einreibt und das Kissen bearbeitet, bevor die Gardine entfernt wird und das nasse Werkstück in eine Bambusmatte gerollt wird. Mit Druck rollt sie so das Kissen in alle Richtungen aus und erklärt: „Durch dieses Walken verfestigt sich die Verfilzung der Fasern.“
Mit viel klarem Wasser schwemmt Silvia nun die Seife aus und steckt das Kissen in ein finales Wasserbad, dem sie einen Schuss Essig zugefügt hat. In einer Trockenschleuder wird das restliche Wasser gründlich entfernt und danach zieht sie das fertige Kissen nochmals in Form. „Jetzt heißt es nur noch abwarten, denn etwa einen halben Tag benötigt das Kissen zum Trocknen, bevor wir noch einen Tragegriff annähen,“ verkündet sie und auf fertigen Filz-Kissen machen wir es uns mit einem Glas Bramberger Apfelsaft im Museumsgarten gemütlich und lauschen dem leisen Blöken der Schafe. „Mit Sicherheit sind sie zufrieden mit dieser hochwertigen Verarbeitung ihres Haarkleids, dass hier im Wollstadel verfilzt und vernäht wird,“ sind wir uns einig.
Kontakt:
Salzburger Wollstadl
Hildegard Enzinger
Weichseldorf 27a
5733 Bramberg am Wildkogel
www.salzburger.wollstadel.at