Susi und Sepp Schellhorn haben ihren „Seehof“ in Goldegg zum Zentrum eines literarischen Festivals gemacht. Gäste allerersten Ranges und erstklassige Künstler widmen sich den „Verstörungen“ im Werk von Thomas Bernhard. Im Blauen Salon verrät Ben Becker mehr dazu.
Herr Becker, wann haben Sie Thomas Bernhard das erste Mal gelesen?
Oh! Das ist schon lange her… Den Bernhard hat mein Vater schon gelesen und das erste Theaterstück, das ich gesehen habe, war „Der Theatermacher“. Ich bin mit dem Bremer Theater sozusagen aufgewachsen, als es noch DAS führende Theater in Deutschland war und ich entdecke jetzt Sachen bei Bernhard wieder, die ich aus meiner Jugend kenne.
Haben Sie die Texte selbst ausgesucht?
Ich hab von Herrn Doktor Fellinger, Cheflektor vom Suhrkamp Verlag und Präsident der Internationalen Thomas-Bernhard-Gesellschaft, eine Vorauswahl bekommen, ganz schöne Sachen. Da lässt Bernhard seinen Humor zu. In der Geschichte zum Julius-Campe-Preis geht es darum, dass er sich vom Preisgeld einen Triumph Herald kauft… Den haben wir nicht bekommen, wir haben einen Aston Martin bekommen, der ist aber auch geil. Es geht nur darum, dass dieses Auto da steht. Genauso wie das Jagdgewehr am Rande der Bühne. Ich mag Installationen. Und da bin ich ein Perfektionist. Ich bin ein sehr ordentlicher Mensch. Bei mir, auf meinem Schreibtisch, da weiß ich ganz genau, wo welcher Bleistift liegt.
Im Bernhard-Haus in Ohlsdorf, das er mit dem Preisgeld vom „Literaturpreis der Freien und Hansestadt Bremen“ anzahlte, ist auch alles sehr aufgeräumt. Waren Sie dort?
Ja. Vor ein paar Wochen. Da kam ich in den Genuss, von Herrn Doktor Fabian eine kleine Führung zu bekommen. Verstörend, kann ich da nur sagen, äußerst verstörend. Das habe ich versucht auf der Bühne mit dieser kleinen Installation widerzugeben. Ansonsten ist es natürlich so, dass sich Bernhard auch hier in dieser Gegend aufgehalten und über diese Gegend geschrieben hat, über die Menschen aus Weng, und aus selbigem Grunde bei den Einheimischen nicht gern gesehen, gehört oder gelesen wird.
Können Sie mit dem Begriff „Heimat“ etwas anfangen?
Also, der Begriff ist ein bisschen belastet und deswegen mag ich lieber „zuhause“. Und ich glaube, dass ich hier ein richtiges Zuhause gefunden habe. Ich bin ja vollkommen durch Zufall hergekommen. Wir waren bei Obauer essen, Nicki Ofczarek lud ein, das war vor drei Jahren. Und dann haben wir gesagt, jetzt gehen wir schwimmen. Wir haben auf das Navigationssystem gekuckt, wo der nächste Badesee ist, und das war der hier, der Goldegg-See. Und seitdem bin ich… hier. Und mittlerweile gehöre ich zum Inventar. Ich bin der Hausmeister! Und ich fühle mich sehr, sehr wohl. Jetzt ist das Thomas-Bernhard-Festival, jetzt ist natürlich was los, aber es gibt auch Zeiten, an denen es hier sehr ruhig und besinnlich ist. Da kann ich tagelang am Steg sitzen. Das ist schon schön.
Der Seehof
Susi & Sepp Schellhorn
Hofmark 8
A- 5622 Goldegg am See
+43 6415 8137-0
www.derseehof.at
Von 19. bis 22. September 2013 findet eine weitere Auflage von »Verstörungen. Ein Fest für Thomas Bernhard« statt und wird dem Theaterstück »Heldenplatz« gewidmet sein, das 1988 bei seiner Uraufführung in ganz Österreich für Furor sorgte.