… mit Vollspeed durch die letzten Tore zischen, an der roten Ziellinie weit nach vorne beugen, abschwingen und mit tausenden im Publikum lautstark über die Nr. 1 auf der Anzeigetafel jubeln. In der Skination Österreich oftmals ein Kindheitstraum, der von vielen jungen Skisportler:innen geträumt wird. Und definitiv kein Traum bleiben muss, wie uns ein Gespräch mit Nachwuchsskirennläuferin Lisa Grill verrät.
Vom Winterkind zur Skirennläuferin
Gewinnerin der Abfahrtswertung im Europacup, drei Silbermedaillen bei der Juniorenweltmeisterschaft in Narvik und erste Weltcup-Punkte – trotz jungen Alters kann Lisa Grill bereits große Erfolge auf ihrem Konto verbuchen. Doch fangen wir erst mal von vorne an.
Auf die Frage, wie man auf die Idee kommt, Skirennläuferin zu werden, beginnt Lisa breit zu lächeln: „Ich war immer schon ein Winterkind. Sobald der erste Schnee da war, flitzte ich nach draußen zum Bobfahren oder Schneemannbauen.“ Und lachend fügt sie hinzu: „Ich war kaum mehr in den Kindergarten zu kriegen.“ Ihr Skidebüt gab sie mit gerade einmal zwei Jahren und entwickelte sich von da an zur begeisterten Wintersportlerin. Kombiniert mit den Skirennläufer-Genen ihrer Eltern und deren Trainingsunterstützung kristallisierte sich bald heraus, dass Lisas Talent weiter reichte als gewöhnlich.
Aktuell fühlt sich Lisa Grill in den beiden Speed-Disziplinen Abfahrt und Super G wohl. Der Weg dorthin ist aber wie so vieles ein Lernprozess: „Zu Beginn macht man im Nachwuchssport alle Disziplinen durch. Nach und nach stellt sich heraus, welcher Bereich einem liegt. Irgendwann kann man sich nicht mehr auf alles konzentrieren.“ Und dass bei diesen Rennen nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Köpfchen zählt, macht Lisa schnell klar: „Die Disziplin Super G finde ich besonders reizvoll. Da gibt es nur eine Besichtigung, kein Training und kein Befahren der Rennstrecke. Dort heißt es einfach, den Streckenverlauf so gut wie möglich im Kopf abzuspeichern.“
Lisa Grills Lieblingsplatz: Heimat
Auch wenn Lisa schon viele Pisten der Welt hinabgeschwungen ist, zieht es sie doch immer wieder in ihre Heimat, den Salzburger Lungau. „Unsere Region hat eine extrem ansprechende Landschaft. Ich mag es, einfach rauszugehen und sofort mittendrin in der Natur zu sein.“ Und das zu jeder Jahreszeit.
„Skifahrer:innen werden im Sommer gemacht.“
Lisa Grill über das Sommertraining
Eine Sommerpause gibt es für Skisportler:innen nicht. Im Gegenteil: Alles, was man für den Skisport braucht, muss man im Sommer aufbauen. Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination trainiert Lisa Grill am liebsten inmitten der Lungauer Bergwelt, beim Wandern, Laufen oder Rad fahren. Und wenn es die Zeit erlaubt, findet man Lisa auch mal auf dem Tennisplatz. Aber meist heißt es dann schon wieder: Skier anschnallen und den ersten Schnee nutzen.
Das Skigebiet Obertauern punktet mit dem frühen Saisonstart Mitte November, doch auch am Fanningberg fühlt sich Lisa Grill sehr wohl. Dort erwachen Erinnerungen an ihre Kindheit, als sie noch nicht regelmäßig durch die Tore schwang, sondern jauchzend den Hexenbahnen durch den Wald folgte.
Zum Training führt es sie häufig nach St. Michael im Lungau. Dort gibt es beim Petersbründllift eine Abfahrt, die ausschließlich für Trainings genutzt wird und mit Kunstschnee und Rennpräparierung die ideale Trainingsfläche für Rennsportler:innen bietet. „Ein Gewinn nicht nur für mich, sondern generell für den Nachwuchs und die Vereine“, findet Lisa.
Mal hoch, mal tief – aber stets lächelnd
Freude und Leid liegen nah beieinander. Manchmal sogar ganz nah. Gerade als ihre Skikarriere richtig Fahrt aufnimmt und der Sprung in den Weltcup zum Greifen nahe ist, trifft Lisa Grill ein harter Rückschlag. Nach einem Siegeslauf bei der Europacup-Abfahrt in Santa Caterina stürzt sie beim Abschwingen und bricht sich Schien- und Wadenbein. Nach einer sofortigen Operation folgt Monate später noch eine weitere, da das Schienbein nicht richtig zusammengewachsen ist. Lisa Grill muss die aktuelle Skisaison somit komplett abschreiben.
Aber wie schaffen es junge Sportler:innen, mit derartigen Rückschlägen umzugehen? „Für mich persönlich war es anfangs nicht so schlimm. So hart es klingt, aber in diesem Sport muss man einfach damit rechnen, dass früher oder später etwas passieren kann“, resümiert Lisa Grill ihr schmerzhaftes Ende der letzten Saison. „Wenn man sich den Unterschenkel bricht, kann man bei normalem Heilungsverlauf rund ein halbes Jahr später schon wieder auf Skiern trainieren. Die weitere Operation war natürlich ein unerwarteter Rückschlag, das ist dann schon zäher für den Kopf.“ An ihrem entspannten Ton merke ich jedoch gleich, da kommt noch was: „Aber man muss die Situation ohnehin akzeptieren, so wie sie ist und einfach probieren, das Beste daraus zu machen. Einfach abschalten, auf andere Gedanken kommen und sich auf ganz etwas anderes fokussieren.“ Das andere ist in Lisas Fall ein Fernstudium in Gesundheitsmanagement – oder sie probiert sich gerne an einem neuen Backrezept.
An Träumen festhalten
Für die vielen jungen Nachwuchstalente, die noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, hat Lisa Grill motivierende Worte parat: „Man muss einfach Spaß haben an dem, was man tut. Die Träume im Kopf kann man in konkrete Ziele umwandeln, sie hartnäckig verfolgen, darauf hinarbeiten und stets positiv denken. Dieses Ziel kann sein, ein Weltcuprennen zu gewinnen oder später den Gesamtweltcup.“ Sind das Träume und Ziele, die auch Lisa verfolgt? „Natürlich würde ich mir das wünschen. Aber zuerst liegt der Fokus auf jedem einzelnen Rennen. Da gilt es, das Beste zu geben. Wenn sich dabei dann erste Erfolge einstellen, ist das natürlich umso schöner.“
Wir wünschen Lisa Grill weiterhin eine gute Genesung, damit sie in der Saison 2022/23 wieder voll durchstarten und ihre großen Ziele weiter verfolgen kann.