Kaum jemand kann sich heute noch vorstellen, wie beschwerlich es noch vor hundert Jahren gewesen sein muss, in den Bergen der Salzburger Gebirgsgaue zu leben oder diese zu überqueren. In einer Zeit der ausgebauten Autobahnen, Schnellstraßen und geschützten Gebirgspässen, ist es leicht und komfortabel geworden, Klimaanlagen-verwöhnt in die Alpen zu reisen oder diese in Nord-Süd, ja sogar Ost-West-Richtung zu durchqueren. Doch wie muss es wohl gewesen sein, im Winter wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, oder auf einem der hochalpinen Wege tagelang auf besseres Wetter zu warten, während die Essensrationen zu Neige gingen und die Kräfte schwanden?
Das Leben in den Bergen war immer schon hart und voller Entbehrungen. Vor allem in schneereichen Wintern wurden die Leute sehr oft auf die Probe gestellt und gelangten nicht selten an ihre Grenzen. Ein Weg, die Not und Benachteiligung der geografischen Lage abzufedern oder diese gar in einen Vorteil zu verwandeln, war für die Menschen seit mehreren tausend Jahren, Wege durch die Berge zu finden und Handel mit der anderen Seite zu betreiben. Ein paar dieser Wege verlaufen seit jeher durch das Salzburger Land. Über die Radstädter Tauern, den Katschberg oder das Großglockner-Gebiet verbinden sie die Landeshauptstadt mit Kärnten und dem Süden. Trug man zu Beginn die Waren noch auf dem Rücken, baute man diesen hochalpinen Pfad immer weiter aus und so konnte man schließlich sogar mit Pferdekutschen über die Berge „holpern“.
Der Tauern-Pass
Auf seinem Weg durch die Tauern kommt man auch heute noch durch den Lungau, Salzburgs südlichstem und auch abgeschlossenstem Gau. Auch wenn sich dieser nur nach Osten hin ins Murtal so richtig öffnet und sonst rundum von hohen Bergen umschlossen ist, war der Gau aufgrund dieser „Hauptverkehrsroute“ seit jeher politisch mit Salzburg verbunden. Diese Zugehörigkeit und die Vernachlässigung durch die Mächtigen in Salzburger, bescherte den Menschen dort ein hartes und entbehrungsreiches Leben. Reich an Bodenschätzen, wurde Bergbau im (für damalige Zeiten) großen Stile betrieben und viele der Lungauer hatten die Aufgabe, die abgebauten Kostbarkeiten aus dem Gau in die größeren Städte zur weiteren Verarbeitung zu transportieren. Keine leichte Aufgabe, bei der viele von ihnen nicht nur ihre Gesundheit, sondern nicht selten auch ihr Leben aufs Spiel setzten. Immer wieder kam es auf den hohen Pässen zu Katastrophen. Als dann auch noch die Rohstoffadern versiegten und der Bergbau dem Ende zuging, fiel der Lungau in tiefste Armut, von dem er sich lange Zeit nicht erholte. Andere Regionen wurden nach und nach mit der Eisenbahn erschlossen, doch erst durch den Bau der Tauernautobahn und des Tauern- und Katschbergtunnels Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhundert, konnte der Gau aus seinem Dornröschenschlaf erwachen.
Der Großglockner
Eine weitere Route, die Salzburg mit dem Süden verbindet, feierte 2015 ihr 80-jähriges Jubiläum: die Großglockner-Hochalpenstraße, welche nach nur 5-jähriger Bauzeit 1935 eröffnet wurde. Die hochalpine Verbindung zwischen Bruck (Salzburg) und Heiligenblut (Kärnten) liegt derzeit noch unter meterdicken Schneeschichten. Pünktlich Anfang Mai wird sie dann aber wieder von den weißen Massen freigelegt sein und vielen Menschen einen Einblick in die hochalpine Welt rund um Österreichs höchsten Berg gewähren. Auch hier gingen die Menschen bereits seit Jahrtausenden über die Berge und überquerten den Alpenhauptkamm zwischen dem Möll- und dem Salzachtal. Reger Handel wurde betrieben und der Weg war noch bis ins 18. Jahrhundert, neben genanntem Tauernpass und dem Brenner in Tirol, Österreichs wichtigste Nord-Süd-Handelsroute.
Wenn Sie also das nächste Mal gemütlich über die Tauernautobahn gleiten, dann wagen Sie doch einmal einen kurzen Blick nach oben auf die Berge und denken Sie daran, wie schön wir es heute haben und was die Menschen früher auf sich nehmen mussten, um an die selben Ziele zu gelangen.