Der Krampus kommt! Moment mal: Der? Mit der Männerdomäne ist das nicht mehr ganz so geschnitzt, seit eine junge Saalfeldenerin uraltes Brauchtum und traditionelles Handwerk kunstvoll auf die Hörner nimmt.
Ganz knapp geht sich das aus: Viel „Spazi“ bleibt nicht, aber sie haben alle Platz, die lässigen Dreadlocks der begnadeten Holzschnitzerin Lisa Hirschbichler, als sie ihre eben fertiggestellte Krampusmaske aufsetzt. Sie fühlt sich teuflisch wohl in ihrem Paradewerk, Tragekomfort für die Ansprüche weiblicher Krampusse hat die kreative Pinzgauerin von Anfang an mitbedacht. An die fünf Kilo wiegt dieses grimmige Prachtstück, es ist ein ganz besonderes…
Weiblichkeit im Krampuskleid
Lisa ist in jene Maske geschlüpft, mit der sie uns demonstriert, was die feminine Krampusgestalt ausmacht. Ausdrucksstark ist sie, ganz ohne Verbissenheit. Furchteinflößendes Zähnezeigen ist nicht die Sache der keltischen Göttin, von der das Krampusbrauchtum herrührt, welches hier im SalzburgerLand traditionell mit der ersten Rauhnacht am 5. Dezember beginnt. Die dunkle Seite der alpenländischen „Frau Percht“ kommt vielmehr über ihre eisig-tiefsinnigen Gesichtszüge.
Details wie diese weiß Lisa so raffiniert zu ritzen, dass sie über die Jahre zur gefragten Dame wurde, eben ganz speziell bei Krampuspassen. Die Masken der „Kramperl“ fertigt die 29-Jährige aus Zirbenholz, da dieses besonders weich und nicht allzu schwer ist. Bei der sagenumwobenen „Perchtenlady“ – ja, sie ist modern interpretiert, weit weg von der uralten Frau in ärmlichem Gewand – bestand die besondere Herausforderung darin, deren zwei Gesichter in einem darzustellen, ihren bösen Blick ebenso wie ihr verborgenes sonniges Gemüt.
Vision Frauenpass
Es steckt mächtig Philosophie in den Werken von Lisa Hirschbichler, die noch weiter denkt: „Das Krampusbrauchtum verträgt einen feministischen Touch“, so die Künstlerin, die gerne auch etwas am Zeitgeist formt. Ihre Vision ist es, einmal eine weibliche Krampuspass (Krampus-Jargon: „Pass“ = Gruppe) zusammenzubringen.
Bis es soweit ist, lässt sie in ihrer kleinen Schnitzwerkstatt auch viele Kunstwerke abseits des Krampus entstehen: Tierskulpturen, Feen, Elfen und Reliefs prägen das Repertoire der gelernten Masseurin und Fitnesstrainerin, die auf den Spuren ihres Freundes auf diesen so erfolgreichen „Holzweg“ gekommen ist.
„Schoatnhex“ – denn wo gearbeitet wird, fallen Späne
Dieser ist ebenfalls mit der Motorsäge unterwegs, um Kunstwerke aus Holz zu schaffen. Während sich Erwin eher größer dimensionierten Projekten, wie Brunntrögen oder Portalen widmet, liebt Lisa den Feinschliff, diese charaktervollen Züge in Gesichtern, mit denen sie so sehr zu beeindrucken weiß. Wie 2018 beim Holzsymposium in Saalbach, wo sie mit ihrem vor Ort geschaffenen indianischen „Medizinmann“ einen Wettbewerb zum Thema „Gesund mit Holz“ gewinnen konnte – für Lisa ein wahrer Motivationsschub und die endgültige Gewissheit: Ab jetzt fliegen voll und ganz die Späne!
Und apropos, da wollen wir doch gleich mal klären, was es denn mit der Bezeichnung „Schoatnhex“ auf sich hat: Nun, mit der Hexe kokettiert sich’s bestens zu weiblichen Teufelswesen – und „Schoatn“, das sind im Pinzgauer Dialekt eben Holzspäne. Auch diesen originellen Künstlernamen hat sich übrigens Freund Erwin ausgedacht, da er immer liebevoll schmunzelt, wenn er seine Lisa tief „verschneit“ in abgefallenen Späne erblickt.
Wer da jetzt Lust bekommen hat, sich selbst einmal am Schnitzeisen zu versuchen: Eine Skizze hilft, sagt Lisa, bedingt, aber doch. 3-D gibt’s erst am Werkstück selbst, das Holz ist voller Überraschungen, das beginnt schon bei der Maserungsrichtung. Aber Lisa gibt uns doch eine Weisheit mit, die Mut macht:
„Die Figur steckt schon im Holz drin – man muss nur wissen, was weggehört.“
Hier einige der beeindruckenden Arbeiten von „Schoatnhex“ Lisa Hirschbichler, vom Steinadler und Spiegelkarpfen aus Lärchenholz über Wanderstöcke, detailversessene Reliefs und einem witzigen Faultier bis hin zu Poseidon – diese Frau hat’s drauf!