Bei Großereignissen wie der Ski-WM in Saalbach fiebern die Zuschauer*innen mit, als gehöre der Skisport schon immer zu Salzburg wie Mozarts Melodien in den Gassen oder die Festung über den Dächern der Altstadt. Aber wie kam der Skisport überhaupt hierher? Eine Geschichte darüber möchten wir heute erzählen.
Nordische Inspiration im Salzburger Land
Es ist schwer zu sagen, wer zuerst in Salzburg ein Paar Skier in den Händen hielt. Schließlich rauschten damals noch keine Drohnen über die Pisten und Skistorys in den sozialen Medien schienen Lichtjahre entfernt. Sicher ist nur: Die Idee kam aus dem Norden. Irgendwo zwischen Norwegen, Schweden und Finnland hatten die Menschen schon lange verstanden, dass Bretter nicht nur die Welt, sondern auch den Winter bedeuten können. So fand die neue Sportart innerhalb weniger Jahre den Weg in verschiedene Regionen Salzburgs, sogar bis in das hinterste Raurisertal.
Wilhelm Ritter von Arlt und Ignaz Rojacher: Zwei, die sich nicht gesucht, aber gefunden haben
Wilhelm Ritter von Arlt war keiner, der Dinge nur vom Schreibtisch aus betrachtete. Theorien waren gut, aber nur, wenn sie auch in der Praxis funktionierten. Als Agronom begeisterte ihn das Pinzgauer Rind, als Bergliebhaber beeindruckten ihn die rauen Gipfel der Hohen Tauern. 1876 zog es ihn erstmalig von Prag nach Rauris. Hier fand er jedoch mehr als nur Rinder und steile Hänge. Er fand eine zweite Heimat – und Ignaz Rojacher, dessen Scharfsinn und praktische Erfahrung ihm gleichermaßen imponierten. Arlt, gebildet und aus einer wohlhabenden Familie, erkannte das außergewöhnliche Talent Rojachers, der aus bescheidenen Verhältnissen stammte. Trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe verband sie eine gemeinsame Leidenschaft für Natur, Technik und die Vision einer zukunftsweisenden Entwicklung.
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Ignaz Rojacher kannte die raue Welt des Goldbergbaus von Kindesbeinen an. Mit zwölf Jahren arbeitete er bereits unter Tage, später übernahm er die Leitung der Bergbauanlagen von Kolm Saigurn. Doch Gold war nicht das Einzige, das der Bergwerksbesitzer zu Tage brachte. Mit ihm kam auch der Strom ins Tal und so flammte 1883 in Kolm Saigurn das erste elektrische Licht im Herzogtum Salzburg auf. Eines seiner größten Vermächtnisse war aber wohl der Erbau des Observatoriums auf dem Gipfel des Hohen Sonnblick, 3.106 Meter über dem Meeresspiegel. Dieses Observatorium, das 1886 errichtet wurde, dient der meteorologischen Forschung und ist heute eine der höchstgelegenen Wetterstationen Europas. Wilhelm Ritter von Arlt unterstützte das Projekt mit seinem Wissen und seiner Erfahrung.
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Der Skipionier von Rauris
Im Winter 1885/86 begaben sich die beiden auf eine Reise nach Falun in Schweden. Dort wollten sie neue Methoden zur Goldgewinnung kennenlernen, doch auch etwas anderes weckte ihre Neugier: Menschen, die auf Holzbrettern herumliefen. Arlt brachte ein Paar dieser Bretter mit nach Hause. Damals ahnte er noch nicht, dass diese Bretter nicht nur ihre eigenen Füße, sondern später ganze Generationen in Bewegung setzen würden.
Zurück im tiefverschneiten Talschluss Kolm Saigurn war
Arlt sofort Feuer und Flamme. Die Geschichte erzählt, wie er auf den Hängen des Sonnblicks begann, mit den neuen Skiern zu experimentieren. Anfangs soll er dabei wenig geglänzt haben. Immerhin war die Konkurrenz durch das Knappenross – eine Art Sitzrodel, die in der Region bereits Tradition hatte – nicht zu unterschätzen. Tatsächlich, so heißt es, verlor Arlt bei einem Rennen gegen Ignaz Rojacher, der sich wacker auf einem solchen Ross hielt. Und so feilte Arlt weiter an seiner Technik. Mitte der 1890er-Jahre, Ignaz Rojacher war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, gelang dem Skipionier schließlich der Durchbruch: Vom 3.106 Meter hohen Sonnblick sauste Wilhelm Ritter von Arlt hinunter nach Kolm Saigurn, in einer Zeit von 32 Minuten, wohlgemerkt mit Skiern ohne Stahlkanten und einfachen Lederschuhen samt Riemenbindung. Ein Jahr später schaffte er dieselbe Strecke sogar in 15 Minuten.
Auszug aus dem Salzburger Volksblatt in der Ausgabe vom 4. Jänner 1930:
Arlt setzte seinen ganzen Ehrgeiz ein, um Sieger zu werden, an steileren Stellen schlüpfte er sogar aus der Bindung und fuhr auf den Skiern sitzend drauf los, doch vergebens, das flinke Knappenroß gewann das Rennen. Arlt ließ sich jedoch durch diesen Fehlschlag nicht entmutigen und übte unentwegt weiter. Bald gelang es ihm nun, auch steilere Hänge stehend zu bezwingen. Am 17. April 1895 durchfuhr er bereits die Strecke Sonnblickgipfel—Kolm-Saigurn in der staunenswert kurzen Zeit von 32 Minuten.
Nach seiner spektakulären Sonnblick-Abfahrt zog es Wilhelm Ritter von Arlt weiter zu neuen Gipfeln: Schareck, Herzog Ernst, Hocharn – später folgten Wiesbachhorn, Bratschenköpfe, Bärenköpfe und der Johannisberg. Arlt gehörte zu den Ersten, die diese Gipfel mit Skiern bestiegen und es wird vermutet, dass er der erste Mensch war, der in Österreich mit Skiern von einem Dreitausender abfuhr.
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Die Begeisterung für den Skisport bleibt
Bis ins hohe Alter blieb Arlt dem Skisport treu – nicht nur als Pionier auf den Hängen, sondern auch als Lehrer und Organisator. In Rauris leitete er 1902 den ersten offiziellen Skikurs für Bergführer und feilte als 1. Vorsitzender des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins, Sektion Rauris, weiter an Techniken, die heute als Grundlagen des Tourenskis gelten. 1937 rief er das erste Skirennen am Hohen Sonnblick ins Leben.
Längst sind die schmalen Holzlatten modernen Hightech-Skiern gewichen, aus den ersten Skikursen wurden olympische Disziplinen und die Pisten glänzen heute in makelloser Perfektion. Doch eines blieb bestehen: die Begeisterung, so wie Arlt sie einst spürte, wenn er durch den Schnee glitt.