Im felsigen Gelände am Fuße der Fagerwand in St. Koloman steht ein kleines Holzkirchlein: Die Wilhelmskapelle. Bauern bitten hier um Schutz für ihr Vieh und ihren Hof. Pilger schätzen die Kraft und die Stille, die dieser Ort ausstrahlt.
Auf dem Weg durch den Wald türmen sich Felsen auf. Bewachsen sind sie mit Farnen, Fichten und Flechten. Aus den Felsspalten recken Veilchen ihre Blütenköpfe in die Sonne. Am besten das Auto auf dem neuen Parkplatz abstellen und zur Kapelle wandern. Ein markierter Weg führt gleich darauf steil hinauf. Wer möchte fährt mit dem Rad oder wandert vom Scheffauer Ortsteil Weitenau aus in diese idyllische Gegend.
Die Holzkapelle – ein schindelverkleideter Blockbau mit Satteldach – soll auf einem sehr alten Kultplatz stehen. Schon 1684 wird von einer Kapelle berichtet. Kirchenvertreter waren nicht erfreut und sollen das Holzkirchlein mehrmals niedergebrannt haben. Bauern bauten die Wilhelmskapelle so oft wieder auf bis das Gotteshaus schließlich 1851 die Messelizenz erhielt.
Wer andächtig ist, darf die Glocke läuten
Die Wege zur Wilhelmskapelle sind gut markiert. Einer der Pfade schlängelt sich zum Beispiel relativ flach durch Fichten und Felsen bis das Gotteshaus – von einem Felsen verdeckt – auftaucht. Die Holztür ist offen. Beim Eingang liegen Bücher auf. Menschen schreiben hinein und bedanken sich für das Gute, das ihnen widerfahren ist. Im Inneren ist es kühl. Vor dem Altar mit dem Bild des Heiligen Wilhelm stehen Kerzen auf dem Marmorboden und beleuchten ihn mit rötlichem Licht. Holzbänke laden zum Innehalten ein. Archebauer Thomas Strubreiter und seine Familie schmücken die Wilhelmskapelle mit Blumen, pflegen und renovieren sie ehrenamtlich: „Es ist ein besinnlicher Platz. Die Leute kommen zum Kraft schöpfen sowie mit der Bitte um Gesundheit für sich und ihre Lieben“, sagt Strubreiter. Beim Verlassen der Kirche fällt ein Strick auf. Mit diesem wird die Glocke im Turm geläutet. Strubreiter: „Wer sehr andächtig ist, darf dreimal die Glocke läuten.“ Öfter nicht. Denn wenn „sturmgeläutet“ wird bedeutet dies, dass jemand gestorben ist.
Kerzen auf dem Marmorboden anzünden
Kerzen werden von Besucherinnen und Besuchern im Altarraum entzündet. Strubreiter hat dazu eine Bitte: „Kerzen sollten nur auf den Marmorboden gestellt angezündet werden. Auf keinen Fall in der Nähe oder auf dem Holz. „Menschen haben Kerzen auf Holz platziert und angezündet. Dadurch wäre die Kirche fast abgebrannt.“
Kletter-, Wander- und Mountainbiketouren
Nach dem Besuch der Wilhelmskapelle lohnt sich ein Abstecher zum Seewaldsee und eine Einkehr in die Auerhütte. Mountainbiker radeln auf den nahen Trattberg – der Aussichtsberg über St. Koloman. Die Trattbergalmen und -Hütten sind lohnende Ziele. Wer möchte wandert über den Schöberlsteig auf den 1757 Meter hohen Trattberg. Trittsicherheit und etwas Schwindelfreiheit sind hier notwendig. Für Kletterer ist die Wilhelmswand – ein Teil der Fagerwand – interessant. Vor allem im linken Wandteil sind viele schwere Sportklettertouren eingerichtet. Rechts davon entstand dagegen eine Fülle von kürzeren Mehrseillängenrouten. Meist nutzten sie dabei natürliche Linien, so dass jede ihrer Touren einen besonderen Charakter bekommt.
Fotos © Christine Fröschl