Maria Lichtmess (2. Februar) war früher ein großer Tag für die Knechte und Dirnen. Es gab das Lichtmess-Bratl und es war Zahltag. Und jede und jeder fieberte dem Tag entgegen, ob ihr bzw. sein Löffel noch am Tisch war. Heutzutage denken Bauersleute, Kutschenfahrer und Pferdeliebhaber mit einer geselligen Winterausfahrt an das „Schlenkern“.
Der Löffel bestimmt, ob man bleiben durfte
40 Tage nach Weihnachten war für die Dienstboten der große Tag – vor allem, weil das Christkind am Heiligen Abend nur einen Teller Keks gebracht hatte. Obwohl mein Opa immer die Augen verdrehte, wenn er mir das erzählte – während er die heutigen Vanillekipferl, Rumkugeln und Lebkuchen auf seiner Zunge zergehen ließ. Es waren mit Tassen ausgestochene Teigdinger, von denen jede*r ungefähr eines bekommen hat…
Daher war der 2. Februar – der Festtag Maria Lichtmess – der große Tag für alle Dienstboten. Die Bauern bezahlten ihre Knechte und Dirnen. Und auch da verdrehte mein Opa die Augen. Denn mit den paar Groschen, später ein paar Schillinge, konnten sich die Leute kaum eine neue Sohle für ihre Schuhe leisten. Dafür schufteten sie das ganze Jahr – quasi nur für Kost und Logis. Die auch keinen Mitarbeiterhäusern und Mitarbeiteressen, wie wir sie heute kennen, glichen…
Dann kam der große Moment: Die Essenszeit. Einerseits stand an diesem Festtag das Lichtmess-Bratl anstatt der sonst sehr einseitigen Menüauswahl auf dem Speiseplan. Und darauf freuten sich die Angestellten der Bauernhöfe schon wie ein Kind aufs Christkind. Andererseits waren nicht mehr alle Löffel am Tisch. Wenn dein Löffel nicht mehr eingedeckt war, musstest du gehen. Dafür gab es zwei Gründe:
Entweder der Bauer war nicht zufrieden mit der Leistung oder ein anderer Bauer hatte dich abgeworben und lockte mit ein paar Groschen mehr. So oder so, wenn der Löffel nicht mehr am Tisch war, musste der Knecht oder die Dirn den Bauernhof verlassen. Wer noch keinen neuen „Kostbauern“ hatte, steckte sich beim Kirchgang den Löffel an den Hut – so sahen die Bauern, wer noch auf der Suche nach einer Arbeitsstelle war.
Die scheidenden Knechte und Mägde packten ihre wenigen Habseligkeiten in eine Truhe oder ihr „Binggerl“ und schlenkerten am 3. Februar (Blasius-Tag) zum nächsten Dienstgeber. Dabei fuhren die Bauern beziehungsweise die Knechte die bleiben durften die scheidenden Dienstnehmer am Pferdefuhrwerk zu den Bauernhöfen. Es herrschte also großer Betrieb auf den „Straßen“ von Großarl und Hüttschlag.
Gesellige Winterausfahrt erinnert ans Schlenkern
Vor mehr als 25 Jahren fand die erste Blasius Schlenkerfahrt im Großarltal statt. In Gedenken an das „Schlenkern“ und den Blasius-Tag versammelten sich die Rossbauern aus dem Tal – und es folgten Bauern aus dem Pongau.
Seither findet diese gesellige Winterausfahrt jedes Jahr statt und es sind jährlich mehr als 40 Pferdefuhrwerke dabei. Die Teilnehmer*innen gedenken dem alten Brauch und feiern ihre Pferde, ihre Fuhrwerke und wohl auch, dass sich die Zeiten geändert haben.
Die Winterausfahrt startet beim Parkplatz im Talschluss und führt entlang der Großarler Landesstraße nach Großarl. Eine kurze Stärkung in Hüttschlag und ein Fiaker-Gulasch in Großarl ersetzen heutzutage das Lichtmess-Bratl. Musikanten und Sänger finden Platz auf den Pferdefuhrwerken und machen die Winterausfahrt in Erinnerung ans Schlenkern zu einem geselligen Brauch, der jedes Jahr an einem Samstag rund um den Blasius-Tag stattfindet (meistens am letzten Samstag im Jänner).
Bitte nicht wundern. Bis vor ein paar Jahren hieß dieser Brauch noch „Blasius Schlenkerfahrt“. Seither ist es die „Winterausfahrt mit den Pferdekutschen“ – es gab wohl ein paar rechtliche Streitigkeiten. Aber egal, wie die Ausfahrt heißt, die Bauersleute denken an das Schlenkern von früher und machen eine gesellige Winterausfahrt mit den Pferdekutschen.