„Die Berge sind für mich mehr als nur eine Landschaft; sie sind mein Zuhause. Hier kann ich wirklich abschalten und neue Kraft tanken.“ Die Sonne wirft ihre ersten warmen Strahlen über die Gipfel des Pongaus, als wir uns mit Andi zur Rettenebenalm aufmachen. Mit jedem Schritt wird es ruhiger und das Tal verschwindet völlig aus unserer Wahrnehmung. Alpenblumen in leuchtenden Farben säumen den Weg und glitzern gemeinsam mit dem frischen Grün der Sommerwiesen im morgendlichen Tau. Schon früh hat Andi die Berge für sich entdeckt und könnte sich ein Leben woanders nicht vorstellen: beim Wandern mit den Eltern, beim Snowboarden mit den Freunden und später dann in der Off-Season zur Regeneration und Vorbereitung. „Ich habe viele Orte auf der Welt gesehen, das ist eines der Privilegien, die mein Sport mit sich bringt. Überall ist es reizvoll, aber nirgends ist es so schön und lebenswert wie bei uns.“
Der späte Weltmeister
Immer wieder öffnet sich der Blick hinüber ins Alpendorf und auf die Hänge, die im Winter das Skigebiet ausmachen. „Ich bin ja praktisch an der Piste aufgewachsen; da ist einem der Wintersport in die Wiege gelegt“, erzählt Andi von seinen Anfängen. Keine drei Jahre war er alt, als er das erste Mal auf Skiern stand. Und fast hätte es auch mit einer Karriere im Skisport geklappt, wäre da nicht der Snowboardboom der frühen 90er-Jahre dazwischengekommen. „Wie alle meine Freunde auch, musste ich damals unbedingt diesen neuen Sport ausprobieren. Und ich wusste schnell, dass das genau meins ist. Da war ich zwölf Jahre alt.“ Vorbei war es mit dem Skitalent Andi Prommegger. Und der künftige Snowboardweltmeister war geboren. Doch bis dahin sollten noch einige Jahre vergehen.
Denn die großen Erfolge kamen erst relativ spät in seiner Karriere. „Mein wichtigster Erfolg ist sicher der Doppelweltmeistertitel 2017. Weil ich zu dem Zeitpunkt bereits 15 Jahre im Weltcup war und so lange darauf hingearbeitet habe. Bis dahin konnte ich mich bei Großereignissen nicht so richtig durchsetzen.“ Heute zählt der Pongauer zu den allerbesten im Parallelslalom und Parallelriesenslalom und mischt trotz seiner mittlerweile 43 Jahre immer noch ganz vorne im Weltcup mit. Die Erfolge, die er bis jetzt verbuchen konnte, lassen sich allemal sehen: dreimal WM-Gold, 23 Weltcupsiege und zahlreiche Junioren- und nationale Titel konnte er bisher auf seinem Konto verbuchen. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ich mit meinem Alter immer noch mein Hobby, meinen Sport, auf höchstem Niveau ausüben kann. Und dafür bin ich brutal dankbar.“
Die wirklich wichtigen Dinge im Leben
An einem Bach füllen wir unsere Trinkflaschen auf, und Andi zeigt hinauf zu den Gipfeln der umliegenden Berge. „Ein Großteil meiner Vorbereitung auf die kommende Saison spielt sich hier in den Bergen ab. Biken, Wandern, Laufen – der Abwechslungsreichtum, der sich uns hier bietet, ist unglaublich.“ Den Wert, den eine intakte Natur für uns Menschen hat, versucht Andi auch an seine beiden Kinder weiterzugeben. Mit ihnen und natürlich seiner Frau ist er am allerliebsten unterwegs: zum Wandern, Klettern und mittlerweile auch schon zum Biken. Denn auch wenn der Sport immer noch einen wichtigen Part in seinem Leben spielt, „ist die Familie ohne Zweifel das Wertvollste und Wichtigste.“ Da relativieren sich sportliche Erfolge ganz schnell. Bei diesem Thema wird Andi nachdenklich, bleibt kurz auf dem Weg stehen und dreht sich um. „Vor allem, wenn man erkennt, wie zerbrechlich das Leben und das, was man oft als selbstverständlich nimmt, eigentlich ist. Meine Frau hatte vor ein paar Jahren eine sehr schwere Erkrankung. Wir haben diese zwar gemeinsam gut durchgestanden, aber natürlich prägt sich das ein. Und man weiß, was wirklich wichtig ist.“
Eine letzte Kehre, und schon taucht die Rettenebenalm hinter einer Gruppe hoher Bäume auf. Gemütlich lassen wir uns auf eine Holzbank fallen. Die Sonne scheint uns ins Gesicht, während wir uns eine Brettljause bestellen. „Die ist Pflicht! Ich mag ursprüngliche Hütten, wo es einfache und richtig gute Sachen zum Essen und Trinken gibt.“ Und davon gibt es auf den Almen im SalzburgerLand reichlich. „Der Almsommer ist bei uns schon so richtig reizvoll. Vor allem in einer Zeit, in der es an anderen Orten unerträglich heiß wird, leben wir hier im Paradies.“ Andi weiß, wovon er spricht. So oft es geht, packt er die Familie zusammen, und ab geht’s in die Berge: hinauf zum Tappenkarsee, einem seiner Lieblingsplätze, oder auch hinauf zur gemütlichen Großunterbergalm. „Manchmal will ich dabei aber auch ganz alleine sein. Das brauche ich zum Abschalten und Runterkommen.“ Auf einem Gipfel stehen, in die Ferne schauen und über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachdenken.
Zukunftsperspektiven
Was diese genau bringt, weiß sowieso keiner. Für Andi steht dabei an oberster Stelle, dass alle um ihn herum gesund und glücklich sind. „Das ist das Allerwichtigste.“ Doch auch sportlich gibt es ein paar Wünsche, die sich der Pongauer noch gerne erfüllen möchte. „Als amtierender Weltmeister hat man natürlich im Hinterkopf, dass es cool wäre, den Titel noch einmal zu verteidigen. Auch wenn die Konkurrenz natürlich nicht schläft.“ Wir wünschen Andi erst einmal einen wundervollen Almsommer und drücken für die kommende Saison ganz fest die Daumen. Aber was soll bei der Vorbereitung noch schiefgehen?
Andi Prommegger
Andi Prommegger, aus St. Johann im Pongau, ist ein Snowboard-Weltmeister in den Disziplinen Parallelslalom und Parallelriesenslalom. Seine Karriere ist gekennzeichnet durch zahlreiche internationale Titel und eine tiefe Verbundenheit zum Sport, die er auch durch die Förderung junger Talente ausdrückt. Neben den drei Weltmeistertiteln (2x 2017, 2023) zählen 23 Weltcupsiege zu seinen größten Erfolgen. Abseits der Pisten lebt Prommegger in seiner Heimatgemeinde, wo er zusammen mit seiner Familie die Balance zwischen sportlichem Ehrgeiz und privatem Glück findet.